Sarah Easter Collins‘ Roman So ist das nie passiert entführt die Leser*innen in ein packendes Netz aus Geheimnissen, Verwirrung und psychologischer Spannung. Mit einer intensiven und zugleich
subtilen Erzählweise versteht es die Autorin, den Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Als Thriller, der tief in die menschliche Psyche eintaucht, bietet das Buch eine Mischung
aus Spannung, Zweifel und überraschenden Wendungen, die den Leser kontinuierlich auf Trab halten.
Handlung und Setting
Die Geschichte dreht sich um die Protagonistin Emily, deren Leben sich eines Tages grundlegend verändert. Was als scheinbar gewöhnliches Alltagsleben beginnt, entwickelt sich schnell zu einem
Albtraum, als Emily mit einer Reihe von Ereignissen konfrontiert wird, die sie an ihrem eigenen Verstand zweifeln lassen. Erinnerungen scheinen verschwommen, die Realität verändert sich vor ihren
Augen, und sie fragt sich immer wieder: Ist das wirklich passiert oder bilde ich mir das nur ein?
Collins gelingt es meisterhaft, eine Atmosphäre des Zweifels zu schaffen, die die Leser*innen nicht nur die Hauptfigur, sondern auch ihre eigene Wahrnehmung hinterfragen lässt. Die ständige
Unsicherheit, ob das, was man liest, tatsächlich geschieht oder ob es eine verzerrte Wahrnehmung der Protagonistin ist, sorgt für eine durchgehende Spannung, die fast schon beklemmend
wirkt.
Das Setting des Buches, das sich in einer Vorstadt abspielt, verstärkt die Wirkung der Erzählung. Der scheinbare Kontrast zwischen der Normalität und den dunklen Geheimnissen, die sich hinter
geschlossenen Türen verbergen, trägt zur düsteren Stimmung bei. Collins beschreibt die Orte präzise, sodass sie lebendig wirken, aber auch eine unterschwellige Bedrohung ausstrahlen.
Charaktere
Die Figuren in So ist das nie passiert sind komplex und vielschichtig. Emily als Hauptfigur ist äußerst gut ausgearbeitet. Ihre innere Zerrissenheit und ihre Unsicherheit, was real ist und was
nicht, machen sie greifbar und nahbar. Ihre Entwicklung im Verlauf des Romans ist glaubwürdig und zeigt, wie stark psychischer Druck einen Menschen verändern kann.
Die Nebenfiguren, insbesondere die Menschen in Emilys Umfeld, tragen ebenfalls zu dieser Dynamik bei. Manche wirken unterstützend, andere werfen weitere Fragen auf und verstärken Emilys
Unsicherheit. Besonders bemerkenswert ist, wie Collins die Beziehungen zwischen den Figuren gestaltet – stets schwebt eine unterschwellige Spannung mit, die zeigt, dass man niemandem vollständig
vertrauen kann. Dieser Aspekt der menschlichen Beziehungen und des Misstrauens ist einer der stärksten Punkte des Romans.
Schreibstil und Spannung
Collins‘ Schreibstil ist präzise und gleichzeitig poetisch, was besonders in den Passagen zur Geltung kommt, in denen sie Emilys innere Zerrissenheit und die düstere Atmosphäre beschreibt. Die
kurzen, prägnanten Sätze verstärken die Spannung, und die raschen Szenenwechsel tragen dazu bei, dass das Buch ein stetiges Tempo hält.
Die Erzählweise ist dabei sowohl fesselnd als auch verwirrend – im positiven Sinne. Collins spielt bewusst mit den Erwartungen der Leser*innen und streut immer wieder Hinweise ein, die in
verschiedene Richtungen deuten. Bis zum Ende bleibt offen, was wirklich hinter den Ereignissen steckt, was das Leseerlebnis besonders spannend macht.
Die Spannung im Roman baut sich kontinuierlich auf und erreicht gegen Ende einen packenden Höhepunkt. Überraschende Wendungen sind gut platziert und sorgen dafür, dass man als Leser immer wieder
neue Aspekte entdeckt, die man zuvor übersehen hat. Gleichzeitig gibt es jedoch keine übertriebenen oder unglaubwürdigen Plot-Twists, was den Realitätsbezug des Romans stärkt und ihn umso
beängstigender macht.
Fazit
Insgesamt ist So ist das nie passiert ein gelungenes Werk im Thriller-Genre, das durch seine atmosphärische Dichte und die ausgeklügelte Handlung überzeugt. Sarah Easter Collins schafft es, eine
tiefgründige Geschichte zu erzählen, die nicht nur spannend ist, sondern auch zum Nachdenken anregt. Besonders hervorzuheben ist die Art und Weise, wie sie die Grenzen zwischen Realität und
Einbildung verschwimmen lässt – dies ist der zentrale Reiz des Buches.
Ein kleiner Kritikpunkt wäre, dass die ständige Unsicherheit der Protagonistin gelegentlich etwas ermüdend wirkt und der Leser sich nach mehr Klarheit sehnt. Auch das Ende, so fesselnd es auch
ist, lässt Raum für Interpretationen, was nicht allen Leser*innen gefallen könnte. Dennoch wird die Geschichte durch den konstanten Spannungsbogen und die emotional packenden Charaktere stark
getragen.
Für mich persönlich war So ist das nie passiert ein äußerst packender Thriller, der viele spannende Lesemomente bot. Ich vergebe 4 von 5 Sternen, da das Buch zwar hervorragend konstruiert ist,
aber in manchen Momenten ein wenig mehr Stringenz und Auflösung gebraucht hätte, um das Leseerlebnis vollständig rund zu machen.
Stärken:
• Atmosphärische Dichte und spannungsgeladene Erzählweise
• Komplexe, vielschichtige Charaktere
• Überraschende Wendungen und psychologische Tiefe
Schwächen:
• Gelegentlich zu verwirrend und nicht immer klar aufgelöst
• Einige Leser*innen könnten das offene Ende als unbefriedigend empfinden
Wer spannende, psychologisch tiefgründige Thriller liebt, wird mit Sarah Easter Collins‘ Werk auf jeden Fall auf seine Kosten kommen.